ACHSE unterstützt kritische Prüfung von ambulanter Versorgung am Krankenhaus: die Umsetzung von § 116b SGB V entspricht noch nicht den Bedürfnissen von Menschen mit Seltenen Erkrankungen
Die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen e.V. (ACHSE) unterstützt die Regierungsparteien in ihrem Anliegen, die ambulante Versorgung am Krankenhaus kritisch zu überprüfen. § 116 b SGB V war eigens geschaffen worden, um die Versorgung von Patienten mit Seltenen Erkrankungen zu verbessern. Die tatsächliche Umsetzung erfüllt noch nicht die Ziele des Gesetzes.
Aufgrund der Seltenheit und Komplexität der Erkrankungen ist oft nur in den Kliniken besondere Expertise zu Seltenen Erkrankungen vorhanden. Patienten sollte die Möglichkeit geboten werden, im Bedarfsfall diese Spezialisten in Anspruch zu nehmen, auch wenn eine stationäre Behandlung sonst nicht nötig ist. Hierdurch kann der Weg zur Diagnose verkürzt und Fehlberatungen vermieden werden. Ziel des Gesetzes ist es, dass Betroffene kein Opfer der Seltenheit ihrer Erkrankung werden. Menschen mit Seltenen Erkrankungen sollten nicht zwischen den Sektoren des Gesundheitssystems zerrieben werden.
Probleme sind zum Beispiel:
(1) Die Bestimmung, für welche Seltenen Erkrankungen eine ambulante Behandlung am Krankenhaus möglich sein soll (Aufnahme in den Katalog gem. § 116b), wird nicht zügig umgesetzt und mit gesetzeswidrigen Argumenten abgelehnt.
Im September hat der Gemeinsame Bundesausschuss z.B. mit den Stimmen der niedergelassenen Ärzte und der Krankenkassen entschieden, dass Menschen mit Seltenen Netzhautdegenerationen nicht gem. § 116 SGB V ambulant im Krankenhaus versorgt werden dürfen. Eine Reihe rechtswidriger Argumente sind für die Ablehnung angeführt worden. Das Skurrilste: für Seltene Netzhautdegenerationen gäbe es keine wirksame Therapie! Fast alle chronischen seltenen Erkrankungen sind unheilbar, für viele ist keine symptomatische Therapie verfügbar. Wir appellieren an das Bundesgesundheitsministerium, diese rechtswidrige Entscheidung im Zuge seiner Rechtsaufsicht zu beanstanden. (Siehe unsere ausführliche Stellungnahme).
(2) Die Bestimmung von zugelassenen Krankenhäusern gemäß § 116b Abs. 2 SGB V kommt nur sehr zögerlich voran. Die Länder haben viele Anträge in der Bearbeitung.
Auf Länderebene wird die Umsetzung durch Widerstand der niedergelassenen Ärzte und bürokratische Hürden gehemmt. Im Interesse einer bedarfsgerechten Versorgung sollte hier an einer zügigen Umsetzung gearbeitet werden.
Ein Teil der Probleme wird dadurch verursacht, dass im Gesetz die „Seltenen Erkrankungen“ und die „Erkrankungen mit besonderen Verläufen“ im gleichen Absatz geregelt sind. Dies führt zu Interpretationsproblemen, weil einerseits die Versorgungsbedürfnisse und andererseits das Interesse seitens der Ärzte, die Versorgung zu übernehmen, bei den beiden Fallgruppen sehr unterschiedlich sind. Eine Differenzierung der gesetzlichen Regelung könnte hier für Klarheit sorgen. Die ACHSE ruft die Bundesregierung dazu auf, hier aktiv zu werden und dieses gute Gesetz auch wirksam umsetzen zu lassen.
Weitere Informationen:
Mirjam Mann
Geschäftsführerin ACHSE e.V.
Tel.: 030/33007080
E-Mail: mirjam.mann@achse-online.de