Wenn Nervenzellen im Gehirn versagen:
seltene Neurodegenerationen betreffen viele!
Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose kennt heute jeder. Hunderttausende, wenn nicht Millionen, sind von diesen neurodegenerativen Volkskrankheiten betroffen. Aber wer kennt schon „Neuroakanthozytose“, „Neurodegeneration mit Eisenspeicherung im Gehirn (NBIA)“ oder Segawa-Dystonie? Und wer kann Neuronale Ceroid Lipofuszinose unfallfrei aussprechen? Diese Zungenbrecher-Namen sind charakteristisch für seltene neurodegenerative Erkrankungen.
Jede einzelne von ihnen ist selten, betrifft also laut europäischer Definition nicht mehr als einen von 2000 Menschen - oft sogar erheblich weniger. Aber in ihrer Gesamtheit betreffen sie zigtausende Menschen in Deutschland mit Symptomen, die durch die Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn verursacht werden. Viele der Patienten mit seltenen neurodegenerativen Krankheiten erleiden schon im Kindes- und Jugendalter oder als junge Erwachsene schwere Behinderungen und haben oft auch eine stark verkürzte Lebenserwartung.
Gemeinsam ist den zahlreichen seltenen neurodegenerativen Erkrankungen, dass sie vielfältige Ursachen, Symptome und Verläufe haben und oftmals genetisch bedingt sind. Fehldiagnosen, fehlende oder falsche Behandlungen, soziale Ausgrenzung und Verweigerung der den Betroffenen zustehenden Leistungen wie physikalische Therapien, Hilfsmittel u.v.m. können die Folge sein, wenn seltene Neurodegeneration und ihre Symptome nicht frühzeitig erkannt werden.
Seltene neurodegenerative Erkrankungen sind in der Regel unheilbar, viele auch kaum zu lindern. So ist ihre Erforschung ein wesentliches Anliegen der Betroffenen und ihrer Familien, um durch wirksamere Therapien Lebensqualität und Lebenserwartung der Erkrankten deutlich zu verbessern. Die Seltenheit erschwert jedoch die Forschung. Patienten, medizinische Expertise und Infrastruktur gibt es nur verstreut. Daher ist eine Bündelung aller Kräfte unabdingbar. Weil die seltenen Formen der Neurodegeneration modellhaft neurodegenerative Pathomechanismen verdeutlichen, kann ihre Erforschung langfristig auch das medizinische Wissen über Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson erweitern.
In der Vergangenheit haben sich zahlreiche Patientenorganisationen zu einzelnen Krankheitsbildern mit seltenen Formen der Neurodegeneration gegründet. Viele von ihnen gehören der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen - ACHSE e.V. an. Zum europäischen Monat des Gehirns 2013 fordern wir gemeinsam.
Eine angemessene medizinische und psychosoziale Versorgung der Patienten, im Einzelnen:
• Eine ganzheitliche, multidisziplinäre Patientenversorgung
• Die Einrichtung von spezialfachärztlichen Zentren mit gebündelter ärztlicher Kompetenz und mit der notwendigen Ausstattung für Diagnostik und Therapie von seltenen Formen der Neurodegeneration sowie Vernetzung dieser Fachzentren national und in Europa (Europäische Referenznetzwerke klinischer Zentren)
• Eine Honorarstruktur, die Ärzte angemessen für den erhöhten zeitlichen Aufwand entlohnt
• die Kostenübernahme für als sicher und wirksam geltende Medikamente/Therapien auch außerhalb ihres Zulassungsbereichs (off-label-use)
Eine langfristige Unterstützung der Erforschung seltener neurodegenerativer Erkrankungen:
• Bereitstellung von ausreichenden finanziellen Forschungsmitteln auf nationaler Ebene sowie im Rahmen der europäischen Forschungspolitik
• Nachhaltige Förderung von Infrastrukturmaßnahmen wie Patientenregister und Biobanken, um insbesondere transnationale Forschung langfristig zu ermöglichen und zu sichern
• Eine Verzahnung der spezialfachärztlichen Versorgungszentren mit Forschungszentren und –verbünden
ACHSE-Mitgliedsorganisationen unterzeichnen:
Mehr Informationen und Kontakt zu Betroffenen erhalten Sie bei:
Angelika Klucken
Vorsitzende Hoffnungsbaum e.V.
Tel.: 02051/ 68075
Email: hoffnungsbaum@aol.com
Rania von der Ropp
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ACHSE e.V.
Tel.: 030/ 33 00 70 8- 26
Email: rania.vonderropp@achse-online.de
ACHSE – Den Seltenen eine Stimme geben!
Die ACHSE (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen e.V.) ist ein bundesdeutsches Netzwerk von über 100 Patientenorganisationen, die Kinder und Erwachsene mit chronischen seltenen Erkrankungen und ihre Angehörigen vertreten. In Deutschland leben 4 Millionen betroffene Menschen. Eine Erkrankung gilt als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen das spezifische Krankheitsbild aufweisen. Einige Erkrankungen sind sogar so selten, dass es in ganz Deutschland nur wenige Betroffene gibt. Es gibt mehr als 5000 verschiedene Seltene Erkrankungen.
Die ACHSE, deren Schirmherrin Eva Luise Köhler ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die „Waisen der Medizin“ und ihre spezifischen Probleme in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Durch Initiativen wie die Beratung betroffener Menschen und Ärzte, ein patientenorientiertes Informationsportal, die Forschungsförderung, gesundheitspolitische Interessenvertretung, etc. bietet die ACHSE konkrete Hilfestellungen für erkrankte Menschen an.