Dr. Karin Jurkat-Rott und Dr. Marc-André Weber erhalten den Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen 2010.
Eva Luise Köhler verleiht heute in Anwesenheit von Bundespräsident Horst Köhler und I. K. H. Prinzessin Letizia von Asturien sowie Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler den Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen in Kooperation mit ACHSE, der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, ausgelobt. Ziel ist es, Forschungsvorhaben zu Seltenen Erkrankungen in Deutschland anzustoßen und voranzutreiben. Die diesjährigen Preisträger sind Dr. Karin Jurkat-Rott und Dr. Marc-André Weber. Die beiden Mediziner überzeugten die Jury mit ihrem innovativen Ansatz zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie für Patienten mit hypokaliämischer periodischer Paralyse (HypoPP). Die seltene Muskelerkrankung gehört zu einer der über 6.000 bekannten Seltenen Erkrankungen, an denen insgesamt rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden.
Den „Seltenen“ eine Perspektive geben – zur Forschung motivieren
Die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung vergibt den Forschungspreis für Seltene Erkrankungen in Kooperation mit der ACHSE seit 2008. Ziel der beiden Institutionen ist, die breite Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Forschung zur Verbesserung von Diagnostik, Prävention, Medikation und Therapien für betroffene Patienten zu lenken.
In ihrer Laudatio betont Eva Luise Köhler, die Stiftungsratsvorsitzende und Schirmherrin von ACHSE e.V.: „Zum dritten Mal vergeben wir heute den Forschungspreis. Viele Menschen in unserer Mitte sind mit den besonderen Herausforderungen einer Seltenen Erkrankung konfrontiert. Sie zu unterstützen, sowie Forschung und Vernetzung auf diesem Gebiet zu fördern – das ist unser zentrales Anliegen.“
Die Ehrung der Preisträger findet statt in Anwesenheit des Bundespräsidenten Köhler und
I. K. H. Prinzessin Letizia von Asturien sowie des Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler. Die spanische Prinzessin setzt sich u.a. für Menschen mit Seltenen Erkrankungen ein, dieses Interesse verbindet sie mit der Gattin des Bundespräsidenten.
Bessere Verknüpfung von Forschung und Versorgung notwendig
30 Millionen Menschen in der EU sind betroffen, in Deutschland leben rund vier Millionen Menschen mit einer der etwa 6.000 bekannten Seltenen Erkrankungen. Das sind rund 5% der Bevölkerung, jede oder jeder 20ste, potenziell: ein Kind in jeder Klasse. Eine Krankheit gilt als selten, wenn von 10.000 Menschen weniger als 5 betroffen sind. Über viele Seltene Erkrankungen ist noch wenig bekannt.
Darum fordert Dr. Andreas Reimann, der stellvertretende Vorsitzende der ACHSE: „Wir brauchen mehr Grundlagenforschung. Diese muss gleichzeitig besser mit der klinischen Versorgung der Patienten verknüpft werden. Erst wenn uns dieser Transfer gelingt, können lange Wege zur Diagnose verkürzt, alte Behandlungsmöglichkeiten durch neue ergänzt, Medikamente entwickelt, oder ihre Anwendung bei Seltenen Erkrankungen erprobt werden – nur dann, kann Forschung den Betroffenen tatsächlich helfen.“
Der Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen setzt hier an. Denn mit dem Preisgeld von 50.000 Euro wird die Durchführung bzw. Anschubfinanzierung eines am Patientennutzen orientierten Forschungsprojektes ermöglicht. Aufgrund der Begutachtung durch den wissenschaftlichen Beirat der ACHSE wählte die Stiftung unter 60 Bewerbungen in diesem Jahr das Forschungsvorhaben von Dr. Karin Jurkat-Rott und Dr. Marc-André Weber aus. Es widmet sich der hypokaliämischen periodischen Paralyse (HypoPP).
Unter 100.000 ist durchschnittlich ein Mensch von HypoPP betroffen. Die Betroffenen leiden episodenweise an Muskellähmungsattacken. Häufig treten diese Attacken in der zweiten Nachthälfte auf, so dass Arme und Beine am Morgen nicht bewegt werden können. Im günstigen Fall dauert dieser Zustand ein paar Minuten oder Stunden. Mit zunehmendem Alter kann sich aus der vorübergehenden Muskelschwäche eine Dauerschwäche entwickeln. Dies durch verbesserte Medikamentengabe zu verhindern, ist das Anliegen des Gewinnerprojektes.
„Wir freuen uns sehr über die hohe Auszeichnung – und über die 50.000 Euro Preisgeld. Damit können wir eine sehr teure Magnetspule für den Kernspintomographen finanzieren. Sie hilft uns dabei noch präzisere Messungen der Membrandepolarisation vorzunehmen,“ erklärt Dr. Karin Jurkat-Rott. Die Ulmer-Medizinerin hat im vergangenen Jahr die Zusammenhänge gelähmter Muskelfasern durch niedrige Kaliumkonzentration entdeckt und eine effektivere Therapie für HypoPP-Patienten mit der Gabe des Medikaments Acetazolamid entwickelt. Durch diese Therapie konnte sie erreichen, dass zwei junge Frauen, die bereits im Rollstuhl saßen, heute wieder gehen können. Mit Hilfe des Forschungsvorhabens möchte Jurkat-Rott zusammen mit ihrem Heidelberger Kollegen, dem Radiologen Marc-Andre Weber, weitere Arzneimitteltargets identifizieren, um die Muskeldegeneration bei betroffenen Patienten effektiv zu verhindern. [Diese anderen Targets werden gebraucht, weil die derzeit zur Anfallsprophylaxe verwendeten Diuretika schwerwiegende Langzeit-Nebenwirkungen haben.
Die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen
Zur Vertiefung ihres Engagements für die Belange von Menschen mit Seltenen Erkrankungen initiierte Bundespräsident Horst Köhler im Jahre 2006 gemeinsam mit seiner Frau die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen. Sie stellt Mittel für die Ursachen- und Therapieforschung bereit, fördert und vernetzt Wissenschaftler und ermöglicht damit Forschungsimpulse. Anliegen der Stiftung ist es, dazu beizutragen, dass Menschen mit Seltenen Krankheiten schneller eine Diagnose erhalten, damit möglichst früh, effektiv und kompetent geholfen werden kann. Im Jahr 2008 verlieh die Stiftung erstmals in Kooperation mit der ACHSE, deren Schirmherrin Eva Luise Köhler ist, den mit 50.000 Euro dotierten Eva-Luise-Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen.